Weizenzüchtung

Keine Weizensorte stellt einen Idealtyp für alle Bedürfnisse da, so haben verschiedene Strandorte und verschiedene Verwendungszwecke auch unterschiedliche Ansprüche an die Sorten. Unser Ziel ist es für magere Standorte gute und diverse Sorten zu züchten, manche mit dem Fokus auf Ertrag, aber vor allem mit dem Fokus auf Qualität. Da wir als Bio- und Demeter-zertifizierter Züchterbetrieb auch ein besonderes Augenmaß auf Nachhaltigkeit legen, versuchen wir in der Weizenzüchtung ein Vorreiter zu sein, für Sorten, die mit weniger Protein und Feuchtkleber ebenso gute Backqualitäten liefern, wie die heutigen Protein- und Kleberreichen Sorten. Somit könnte der Stickstoff effizienter genutzt werden für Ertrag und Backqualität und dabei helfen geringere Nitratauswaschungen ins Grundwasser zu bringen durch geringere Gülle- und Mistbedarfe.

Unsere Züchtungsziele

  • Hohe Gelbpigmentgehalte und ß-Carotin-Gehalte
  •  Diversität (z.B. begrannt/unbegrannt; braune/gelbe Ähren; verschiedene Resistenzen)
  • Unkrautunterdrückung

  • Krankheitsresistenzen

o   Flugbrand (Ustilago segetum tritici)

o   Stinkbrand (Tilletia caries)

o   Zwergsteinbrand (Tilletia controversa)

o   Gelbrost (Puccina striiformis)

o   Braunrost (Puccinia triticina)

o   Septoria-Blattdürre (Septoria tritici)

o   DTR-Blattdürre (Drechslera tritici-repentis)

Zum Weizenflugbrand (Ustilago tritici) - beachtenswert für eine ökologische Saatgutvermehrung.

Erscheinungsbild und Infektionsverlauf
Der Flugbrand des Weizens (Ustilago tritici; siehe Abb.) ist eine saatgutübertragbare Krankheit. Er durchläuft im Jahr einen Vermehrungszyklus (monozyklisch). Flugbrandinfizierte Pflanzen entwickeln sich zunächst unauffällig und sind äußerst schwer durch Wachstumshemmungen, chlorotischen Streifen an den Blättern oder eingerollten Blättern von gesunden Pflanzen zu unterscheiden. Erst mit dem Ährenschieben zeigt sich die kranke Ähre mit einer schwarzbraunen Sporenmasse, die durch Wind und Regen bis zu 150m verbreitet wird (Fischer et al. 2002). Als günstigste Zeit für die Infektion wird der zweite bis fünfte Tag nach Beginn der Blüte angegeben, unmittelbar nach der Bestäubung durch den Weizenpollen (Heinze 1983). Die Infektion erfolgt in die Blüte. Das Pilzmycel wächst entweder durch Narbe und Griffel, oder direkt durch das Pericarp (Fruchtknotenhaut) zum sich entwickelnden Korn. Es befällt das reifende Korn und überdauert dort im Embryo bis zur Aussaat. Nach der Aussaat im Herbst beginnt der Pilz mit der Pflanze mitzuwachsen und bildet im Frühjahr die Ähren zu einem Brandsporenlager um. Die Brandsporenlager reißen bereits kurz nach dem Ährenschieben auf und die Sporen verbreiten sich innerhalb weniger Tage auf die Blüte gesunder Ähren. Am Weizen auftretende Formen sind vermutlich auf alle anderen Arten der Gattung Triticum übertragbar.

Projektpräsentation: Sortenprüfungsergebnisse von Winterweizen der Qualitätsgruppen E, A und B hinsichtlich Flugbrandanfälligkeit in der Getreidezüchtungsforschung Darzau

Aufgabenstellung

In diesem Forschungsprojekt wurden alle im Handel verfügbaren Winterweizensorten der Qualitätsgruppen E, A und B und einige andere hinsichtlich ihrer Anfälligkeit gegenüber Weizenflugbrand (Ustilago tritici) evaluiert. Durch diese Evaluierung sollen Informationen gewonnen werden, die eine Sortenauswahl im ökologischen Landbau unter dem Blickwinkel fortgesetzter Vermehrung unter ökologischen Anbaubedingungen unterstützen. Des Weiteren soll die Ausbreitungsgefahr im Vermehrungsanbau besser eingeschätzt werden können und Züchter auf das Resistenzpotential der bereits im Anbau befindlichen Sorten aufmerksam gemacht werden.

Versuchsaufbau

In der Zeit der Weizenblüte wurden erstmalig in der Vegetationsperiode 2001/02 Winterweizensorten der Beschreibende Sortenliste des Bundessortenamtes mit einer Flugbrandsporensuspension (1g Sporen / 100ml Wasser) mittels Injektionsspritze nach dem Verfahren von POEHLMAN (1945) direkt in jede einzelne Blüte inokuliert. Diese Arbeiten wurden im nächsten Jahr weitergeführt. Anfangs wurden jeweils drei, inzwischen nur noch zwei Ähren pro Sorte 1-3 Tage nach der Blüte infiziert. Die infizierten Ähren wurden nach der Abreife von Hand geerntet, einzeln mit dem Ährendrescher gedroschen und wieder ausgesät. Im Sommer 2003 konnte der Befall erstmalig beurteilt werden.

Ergebnisse

Da insbesondere die Pflanzen aus flugbrandinfizierten Ähren den Winter nicht immer optimal überleben, kann bei manchen Sorten nicht völlig sicher gesagt werden, ob aller Wahrscheinlichkeit nach eine Resistenz vorliegt, oder aber die mit Flugbrand befallenen Pflanzen von der Auswinterung bevorzugt betroffen werden. Deutlich sicherere Aussagen sind daher nur zu den Sorten möglich, die sich für Flugbrand anfällig zeigten, und zu solchen die  über drei Jahre befallsfrei blieben. Ferner muss bemerkt werden, dass ein Befall nach künstlicher Infektion nicht zwingend einen potentiellen Befall unter natürlichen Bedingungen erwarten lässt. Denn geschlossen blühende (cleistogame) Sorten werden aufgrund eines Befalls nach künstlich induziertem Flugbrand in ihrer Anfälligkeit überbewertet. Diese Sorten wären zwar nicht als resistent, aber als deutlich weniger befallsgefährdet anzusehen, sofern die Witterungsbedingungen nicht doch eine Offenblütigkeit begünstigen. Diese Anfälligkeit unter natürlichen Befallsbedingungen kann nur ermittelt werden, indem flugbrandkranke Pflanzen direkt neben noch gesunden angebaut werden. Durch Begutachtung der auf diese Weise natürlich infizierten Kontrolle im Folgejahr kanndann der Befall mit Flugbrand unter natürlichen Infektionsbedingungen erfasst werden.

Seit den ersten Versuchen wurden in Darzau kontinuierlich Untersuchungen zur Anfälligkeit auf Flugbrand durchgeführt. Alle zugelassenen Weizensorten aus Darzau verfügen mittlerweile über Flugbrandresistenzen (Stand 2020).

Die ersten grundlegenden Untersuchungen zum Weizenflugbrand in der Getreidezüchtungsforschung Darzau wurden in den Jahren 2002 und 2003 aus Mitteln des Landes Niedersachsen gefördert.
Niedersächsisches Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.

Die Ergebnisse wurden veröffentlicht unter:
MÜLLER,K.J. 2004: Prüfung der Anfälligkeit aktuell verfügbarer Winterweizen der Qualitätsgruppen E, A und B gegenüber Flugbrand (Ustilago tritici). IN: Landwirtschaftskammer Hannover, Ref. Ökologischer Landbau [Hrsg]: Versuchsergebnisse im Ökologischen Ackerbau in Niedersachsen 2002-2003, 1-13.

Der Einfluß von Saattermin und Saatstärke auf Ertrag und Qualität

Der Winterweizenanbau gerade auf den sandigen Böden ist mit besonderen Unsicherheiten verbunden. Auf diesen Standorten sind nicht nur die Erträge gering, oft wird das von der abnehmenden Hand geforderte Qualitätsniveau nicht erreicht. Der ökologische Landbau ist hier mit der Frage konfrontiert, wie Qualitätsweizen mit den backtechnologisch erforderlichen Qualitäten produziert werden kann. Denn mit den aktuell verfügbaren Handelssorten wird hier dieser Qualitätsstandard oft nicht erreicht.

Ertrag und Qualität können auch über die Wahl des Aussaattermins beeinflusst werden. Im Folgenden möchten wir Ihnen dazu Ergebnisse aus den verschiedenen Saatzeitversuchen vorstellen (siehe auch den Abschlussbericht des vom Land Niedersachsen geförderten zweijährigen Saatzeitversuchs).

Saatzeitversuche 2004-2006 in Köhlingen

Wie lässt sich mit der Wahl des Aussaattermins Ertrag und Qualität von Winterweizen auf leichten Standorten beeinflussen?
Dies war die Frage eines zweijährigen, vom Land Niedersachsen geförderten Versuchs mit sechs Winterweizensorten. Die gleiche Versuchsanlage wurde fünfmal im Abstand von ca. zwei Wochen und in zwei verschiedenen Aussaatstärken gesät. Die erste Aussaat erfolgte Anfang September, die letzte Ende Oktober. Für jede Aussaat wurde separat gepflügt, jeweils kurz vor der Aussaat. Das gleiche Sortensortiment wurde im fast gleichen Versuchsaufbau im darauffolgenden Jahr erneut ausgesät. Gleichwohl die Versuchsstandorte in beiden Jahren in der Gemarkung Köhlingen lagen, unterschieden sich beide Ackerschläge stark. Im ersten Jahr war der Boden lS mit 45 Bodenpunkten, im zweiten Jahr war der Boden ebenfalls lS, aber nur mit 32 Bodenpunkten, einem höheren Sandanteil und auf einer Kuppe gelegen.

  • 1. Aussaattermin am 02.09.2004
  • 2. Aussaattermin am 14.09.2004
  • 3. Aussaattermin am 01.10.2004
  • 4. Aussaattermin am 14.10.2004
  • 5. Aussaattermin am 28.10.2004

Kornerträge

Die frühen Saattermine bildeten in beiden Jahren die jeweils üppigsten Pflanzenbestände. Sie waren schon im Herbst stark bestockt. Die sehr unterschiedlichen Ertragsergebnisse (31,2dt/ha gegenüber 13,7 dt/ha) beider Jahre sind zum einen auf die  unterschiedlichen Bodengüten und zum anderen auf die  sehr unterschiedlichen Witterungsverläufe zurückzuführen. So wurde die gute Pflanzenentwicklung im ersten durch den milden Winter weiter gefördert und führte im Juni zu einem vollständigen Lager der beiden ersten Aussaattermine und zu entsprechenden Ausfällen in den Kornerträgen. Im zweiten Jahr hingegen unter den sehr mageren Bodenbedingungen und dem harten Winter waren ausschließlich die frühen Saattermine überhaupt anbauwürdig. Mit Aussaaten Ende September mit ca.10dt/ha waren die Erträge so gering, dass ein Weizenanbau auf solchen Standorten generell fragwürdig erscheint.

Verarbeitungsqualitäten

Die allgemeingültige Aussaage, dass eine schwache vegetative Entwicklung mit hohen Feuchtklebergehalten verbunden ist und umgekehrt, konnte auch in diesen Versuchen wieder bestätigt werden. Die Termine mit den höchsten Erträgen erzielten die niedrigsten Qualitäten. Ferner waren hohe Feuchtklebergehalte immer verbunden mit einem weicheren Kleber, zu erkennen im Abfall des Parameters Kleberindex. Das ist auf die verstärkte Bildung der weicheren Gliadin-Eiweiße im Kleber zurückzuführen. Der für die Verarbeitung entscheidende Parameter des Feuchtklebergehalts in %  war in beiden Jahren relativ niedrig. Es zeigte sich eine deutliche Sortenabhängigkeit, wobei keine Sorte die erforderliche Schwelle von 21%Feuchtkleber (Feinschrot) auf jedem Standort zu jedem Termin erreichen konnte. Bezüglich des Feuchtklebergehalts war über beide Jahre das Sortenranking ähnlich. Den jeweils im Feuchtklebergehalt besten Sorten Sandomir und Wenga folgte eine Mittelgruppe Capo, Bussard, Naturastar und Schlusslicht Ludwig. Anders sieht das Bild aus, wenn man den Feuchtkleberertrag betrachtet. Dieser wird durch Multiplikation von Kornertrag und Feuchtklebergehalt errechnet und hier in kg/ha angegeben. Hier zeigte sich eine deutliche Sortenabhängigkeit. So war im ersten Jahr nur die Sorte Naturastar über allen Terminmittelwerten und die Sorte Sandomir Schlusslicht. Im zweiten Jahr auf dem sehr leichten Standort war die Sorte Sandomir Spitzenreiter, gefolgt von Bussard und  einem Mittelfeld mit den Sorten Naturastar, Capo und Bussard. Die Sorte Wenga ist diesbezüglich nicht zu werten, da sie auf Grund von Keimungsproblemen und einer Schwäche bezüglich Winterhärte sehr geringe Kornerträge, aber sehr hohe Feuchtklebergehalte erzielte. Die Sorte Ludwig erzielte in keinem der beiden Jahre die Schwelle von 21% Feuchtkleber.

Fazit

Die Ergebnisse dieses zweijährigen und einortigen Versuchs geben einen deutlichen Eindruck davon, welche Bedeutung der Wahl des Saatzeitpunkts gerade auf sehr leichten Standorten zukommt. Allein durch die Wahl des Aussaattermins ließen sich in beiden Jahren die Kornerträge um über 70% bzw. 100% steigern oder andersherum betrachtet, um 40% bzw. 50% senken. Hinsichtlich der Ertragsoptimierung kam der Wahl des Saatzeitpunktes vor der Wahl der Sorte und vor der Wahl der Aussaatstärke die größte Bedeutung zu. Der optimale Saatzeitpunkt hängt vor allem vom Standort und dem Witterungsverlauf ab. Die äußerst üppigen Pflanzenbestände im ersten Jahr waren durch den milden Winter noch gefördert worden. Im zweiten Jahr wurden die extremen Standortbedingungen durch den harten und langen Winter in die entgegengesetzte Richtung noch verstärkt. Gleichwohl der Witterungsverlauf nicht beeinflussbar ist, sollten diese möglichen Wechselwirkungen bei der Wahl des Saattermins berücksichtigt werden und als entsprechende Sicherheitszuschläge durch leicht spätere Aussaaten umgesetzt werden. Mit der Güte des Standorts verschiebt sich die Zeitspanne der optimalen Aussaat nach hinten. Auf sehr leichten Böden (32 Bodenpunkte) wie im zweiten Jahr wären demnach Aussaaten  - unter Einbezug der zunehmenden Lagergefahr - zwischen dem 10.September und 20.September zu bevorzugen. Auf mittleren Böden (45 Bodenpunkte) reicht das Zeitfenster für eine optimale Aussaat vom 25. September bis Mitte Oktober. Jeweils früher gesäte Saaten sind lagergefährdet, später gesäte Saaten ertragsgefährdet. Die Wahl des Saattermins als wirkungsvolle Optimierungsmöglichkeit sollte durch den Landwirt mit Bedacht und in Kenntnis der eigenen verschiedenen Ackerschläge eingesetzt werden.

Auch wenn die Ergebnisse einen deutlichen Zusammenhang zwischen Saatzeit und Standort auf der einen Seite, und Ertrag und Qualität auf der anderen Seite aufzeigen, sind die Ergebnisse doch mit Vorbehalt zu lesen. Für eine Absicherung der Ergebnisse müssten ähnliche Versuche an mehreren Standorten und über mehrere Jahre durchgeführt werden.
Die Ergebnisse zeigen ferner, dass nicht in erster Linie die Region, sondern vor allem die Güte und Ertragsleistung jedes einzelnen Ackerschlags bei der Wahl des Saatzeitpunktes entscheidend ist. Damit bleibt der Landwirt in der Verantwortung, die hier aufgezeigten Zusammenhänge auf seine jeweiligen Standortbedingungen anzupassen.

Ein besonderer Dank gilt dem 'Niedersächsischen Ministerium für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz' für die Saatzeitversuche in den beiden Vegetationen 2004/05 und 2005/06 und für die Versuche in der Vegetation 1994/95 der Mahle-Stiftung/Stuttgart, dem Rudolf-Steiner-Fonds/Nürnberg und der EDEN-Stiftung/Bad Soden, mit deren Unterstützung die zugrunde liegenden Anbauversuche durchgeführt werden konnten.

Veröffentlichung:
MÜLLER,K.J.(1996): Qualitätsweizenanbau auf leichten Standorten. Zeitschrift Lebendige Erde 2/96, 123-132.

Die Ergebnisse des im Sommer 2006 abgeschlossenen, zweijährigen vom Land Niedersachsen geförderten Saatzeitversuch finden Sie unter Publikationen

Weiterführende Links:

Aktuelle Weizensorten

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